top of page
Foto von Milad Fakurian auf Unsplash

Evolutionärer Allesfresser

Waren wir Menschen schon immer Fleischesser?

Sind wir von Natur aus Fleischesser? Die Wahrheit zwischen Löwenvergleichen und Evolutionsmythen

 

Die Frage, ob wir Menschen von Natur aus Fleischesser sind, sorgt immer wieder für hitzige Debatten. Löwen werden dabei oft als Vergleich herangezogen, oder man hört das Argument, Fleisch habe unser Gehirn wachsen lassen. Doch wie viel Wahrheit steckt wirklich dahinter? Zeit für eine kleine Reise in die Geschichte und Biologie.

 

Unsere Vorfahren: Allesfresser – aber anders als heute

 

Der Ursprung unserer Ernährung liegt bei unseren primatenähnlichen Vorfahren, die sich vor allem von Früchten, Blättern und Samen ernährten. Fleisch? Eher ein seltener Zufallsfund. Unsere Vorfahren waren keine geborenen Jäger, sondern eher Gelegenheitsesser: Was Raubtiere übrig ließen, wurde neugierig ausprobiert.

 

Mit der Entwicklung von Werkzeugen veränderte sich das Spiel. Plötzlich war die Jagd eine Option. Doch der Übergang zur Fleischaufnahme war ein langsamer Prozess.

Hat Fleisch unser Gehirn wachsen lassen?

 

Immer wieder hört man: „Ohne Fleisch wären wir nicht so schlau geworden.“ Das klingt einprägsam, ist aber nur die halbe Wahrheit. Entscheidend war nicht das Fleisch allein, sondern der Zugang zu hochkalorischen Lebensmitteln. Dazu zählten nicht nur Fleisch, sondern auch Nüsse, Samen und später gekochte Pflanzen.

 

Das Kochen war der wahre Gamechanger. Es machte Nahrung leichter verdaulich und versorgte unseren Körper effizienter mit Energie. Fleisch war ein Teil der Gleichung, aber keineswegs der alleinige Grund, warum unser Gehirn seine heutige Größe erreichte.

Unser Körper: Fleischfresser, Pflanzenfresser – oder dazwischen?

 

Ein Blick auf unseren Körper zeigt, dass wir wahre Alleskönner sind – anpassungsfähig, aber keine Fleischspezialisten. Unser Darm liegt in seiner Länge zwischen dem der Pflanzen- und Fleischfresser. Während Pflanzenfresser wie Gorillas Därme haben, die das 10- bis 20-Fache ihrer Körperlänge messen, und Fleischfresser wie Löwen mit dem 3- bis 6-Fachen auskommen, liegt der menschliche Darm bei etwa dem 5- bis 7-Fachen der Körperlänge.

 

Auch unsere Zähne sprechen eine klare Sprache. Mit flachen Backenzähnen und kleinen Eckzähnen sind wir besser für das Kauen und Zermahlen von Pflanzen ausgestattet. Ein Vergleich mit den mächtigen Zähnen eines Löwen würde uns hier nur blamieren.

 

Hinzu kommt, dass der pH-Wert im menschlichen Magen weniger sauer ist als bei Fleischfressern. Das zeigt: Fleisch ist zwar möglich, aber nicht unser evolutionäres Hauptgericht.

 

Von der Steinzeit bis heute: Fleisch als Luxus

 

In der Steinzeit war Fleischessen oft eine Überlebensfrage – man nahm, was verfügbar war. Heute dagegen ist Fleisch für viele ein Luxusprodukt, oft überflüssig und beliebig.

 

Eine vegane Ernährung zeigt: Wir kommen auch ohne Fleisch aus – vorausgesetzt, sie ist gut geplant. Nährstoffe wie Eisen oder Omega-3-Fettsäuren können durch pflanzliche Alternativen gedeckt werden, etwa durch Hülsenfrüchte, Nüsse oder Algenöl. Vitamin B12 hingegen ist in rein pflanzlicher Nahrung nicht enthalten und muss über angereicherte Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel zugeführt werden.

Lernen von den „Blue Zones“

 

Die "Blue Zones" (z. B. Okinawa in Japan oder Sardinien in Italien) sind Regionen, in denen Menschen besonders alt werden. Ihre Ernährung ist überwiegend pflanzlich, aber nicht immer streng vegan. Häufig essen sie geringe Mengen an Fisch oder fermentierten Lebensmitteln, was die Nährstoffversorgung erleichtert. Dennoch zeigt ihr Lebensstil, dass eine pflanzenbasierte Ernährung in Kombination mit anderen Faktoren (z. B. Bewegung, soziale Verbundenheit) zu einem langen und gesunden Leben beitragen kann.

Fazit

Menschen sind keine reinen Fleischfresser und waren es auch nie. Unsere Evolution zeigt, dass wir anpassungsfähige Allesfresser sind, die von einer breiten Vielfalt an Nahrungsmitteln profitieren. Fleisch war ein Puzzlestück, aber kein Alleinfaktor für unsere Entwicklung. Heute leben wir in einer Welt, in der wir unsere Ernährung bewusst gestalten können. Die Entscheidung für eine pflanzliche Ernährung liegt nicht nur in unserer Natur, sondern kann auch gesundheitlich und ökologisch sinnvoll sein – wenn sie gut durchdacht ist. Die Wissenschaft gibt uns das Wissen und die Werkzeuge an die Hand, um ausgewogen zu essen und dabei nachhaltig zu handeln.

Unsere Kenntnisse basieren auf indirekten Beweisen wie Fossilien und Werkzeugfunden, die uns ein begrenztes Bild liefern. Dennoch lassen sich daraus Muster erkennen, die Rückschlüsse auf die Rolle von Fleisch und Pflanzen in unserer Evolution erlauben.

bottom of page